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Version vom 2. Juli 2016, 17:11 Uhr

Fernschach

Was ist Fernschach?

Fernschach ist die Form des Schachspiels, bei der sich die Partner nicht am Brett gegenüber sitzen, sondern sich an unterschiedlichen Orten befinden und die Züge mittels eines Mediums austauschen. Die Partien werden nach den üblichen Schachregeln ausgetragen. Wenige Besonderheiten werden über spezifische Fernschachregeln aufgefangen. So etwa wird die Bedenkzeit grundsätzlich in Tagen bemessen (eine Besonderheit ist das Rapid-Fernschach), auch gilt die "Berührt-Geführt"-Regel nicht.

Ein umfassendes Angebot von Spielmöglichkeiten und Turnieren für die Zugaustauschformen Post, E-Mail, Fax und auf dem Fernschachserver bieten nur die offiziellen nationalen und internationalen Fernschachorganisationen an. Daneben gibt es eine Reihe von kommerziellen und nichtkommerziellen Anbietern für das Fernschachspiel per E-Mail oder auf Servern.

Genauer hingesehen

Technik und Formelles

  • Zugaustausch: Dabei können die unterschiedlichsten Übermittlungsarten zum Einsatz kommen, von Postkarte bis SMS. Offizielle Turniere werden allerdings nur per E-Mail, Postkarte, Fax oder auf einem Fernschachserver ausgetragen.
  • Bedenkzeit: In offiziellen Turnieren des herkömmlichen Fernschachs hat jeder Spieler - je nach Turnier - 2 bis 6 Tage Bedenkzeit je Zug zur Verfügung, wobei die Übermittlungszeiten nicht mitgerechnet werden. Zeitkontrollen erfolgen regelmäßig nach jeweils 10 Zügen.

Teilweise hat eine erste Zeitüberschreitung (1. Z) noch nicht den Verlust der Partie zur Folge. Eine 2. Z aber verliert in allen offiziellen Turnieren.

Subjektive Unterschiede zum Präsenzschach

  • Das Fernschachspiel wird von vielen Spielerinnen und Spielern auch deshalb geschätzt, weil es die schachliche Betätigung erlaubt, wann immer man gerade mag.
  • Viele Spielerinnen und Spieler stellen fest, dass ihre Fernschachpartien ein größeres Niveau haben als ihre normalen Partien beim Präsenzschach. Dies liegt daran, daß Fernschachspieler während der Partie Zugriff auf riesige Datenbanken mit Millionen Partien haben. Zudem setzen fast alle Fernschachspieler Computerprogramme ein, deren Spielstärke deutlich über ihrer eigenen liegt. Ein Beispiel: Ende 2006 erreichte ein aktuelles Spitzenprogramm unter Turnierbedingungen eine ELO-Performance von 2887 (im Vergleich: FIDE-Ex-Weltmeister Topalov besaß als Nr. 1 der Weltrangliste im Oktober 2006 eine ELO-Zahl von 2813). Mit diesen Hilfsmitteln lassen sich Theorievarianten zuhause in aller Ruhe sehr effektiv untersuchen, wobei Fernschach-Spitzenspieler häufig ein sehr hohes Niveau erreichen, das durchaus mit dem von Nahschach-Großmeistern vergleichbar ist. Diese "Verwissenschaftlichung" des Fernschachs hat dazu geführt, daß das schachliche Niveau von Fernpartien extrem zugenommen hat.

Die zwischenmenschliche Note

  • Mit Hilfe des Fernschachs können die Spielerinnen und Spieler ihre Kräfte auf dem Schachbrett mit Schachfreundinnen und Schachfreunden messen, denen Sie sonst vielleicht niemals begegnen würden.
  • Nicht selten geht die Konversation über den reinen Austausch der Züge hinaus, gelegentlich entstehen über das Fernschach aus anfänglich netten Kontakten im Laufe der Zeit Freundschaften, national und über Ländergrenzen hinweg. Man kann sagen: Fernschach ist eine Brücke zwischen den Menschen.
  • Der Aspekt der "Brücke zwischen den Menschen" ist, seit es Fax-, E-Mail- und schließlich Server-Turniere gibt, leider etwas in den Hintergrund getreten. Als es nur Postkarten-Fernschach gab - es wurden unzählige Ansichtskarten verschickt - waren die Kontakte und die sich anbahnenden Freundschaften weit höher.
  • Fernschach als Lebenshilfe für alte, kranke und behinderte Menschen - die Folgen des Alters, Krankheiten und Behinderungen können die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, die Mobilität und den Raum für Beziehungen zur Umwelt eines Menschen nachhaltig begrenzen. Fernschach ist für viele Menschen, deren Teilhabechancen begrenzt sind, Lebenshilfe. Es beseitigt oder mildert die Folgen der Beschränkungen, es umgeht enge Grenzen der körperlichen Leistungsfähigkeit, fehlende Mobilität und fördert soziale Kontakte über die Grenzen der Familie und der Nachbarschaft hinaus. Durch Fernschach finden Menschen mit und ohne Einschränkungen zueinander und agieren miteinander.

Die Spielstärke (im Schach)

  • Durch Fernschach lernt man spielend wörtlich genommen die Theorie. Fernschach ist ein ausgezeichnetes Mittel, die Spielstärke zu steigern.
  • Zur Bewertung der Spielstärke kommen national (Fernschach-Wertungszahl - FWZ) und international (ELO-Zahl) Wertungssysteme zur Anwendung.

Hilfsmittel

  • Es dürfen alle Hilfsmittel eingesetzt werden, angefangen bei Büchern, fortgesetzt über Schachdatenbanken, selbst Computerschachprogramme dürfen eingesetzt werden. In der Praxis lässt sich leicht nachweisen, dass fast alle Fernschachspieler regelmäßig sogenannte "Engines" oder Schachprogramme einsetzen. Dabei werden hauptsächlich zwei Methoden gewählt: Spielertyp A lässt seine Fernpartie vollständig vom PC erledigen, Spielertyp B nutzt den PC, um die Stellung besser zu verstehen und grobe taktische Fehler zu vermeiden, sucht aber auch kreativ nach eigenen Zügen und Ideen. Der Computereinsatz hat zu einer dramatischen Verbesserung des Niveaus aktueller Fernpartien geführt, allerdings muss man auch akzeptieren, dass Schachanfänger mit einer hochwertigen Ausstattung und dem erforderlichen technischen Geschick in relativ kurzer Zeit Erfolge erringen können.
  • Beim Fernschach stand und steht der wissenschaftliche Aspekt der "Suche nach der schachlichen Wahrheit" noch weit mehr im Vordergrund als im Nahschach. Deshalb war der Einsatz jeglicher Hilfsmittel und die Beteiligung von anderen Spielern stets erlaubt (hinsichtlich der Computerprogramme kontrovers diskutiert; diese waren zunächst nicht zugelassen). Die Möglichkeit, aufgrund der großzügigen Bedenkzeit und der erlaubten Nutzung beliebiger verfügbarer Ressourcen leichte Fehler zu vermeiden und hoch qualifizierte Partien zu spielen, macht einen besonderen Reiz des Fernschachspiels aus.
  • Ausnahme - Turniere mit Engine-Verbot: Turniere mit einem Engine-Verbot eröffnen den Spielerinnen und Spielern, die im Einsatz von Engines und Brettschachcomputern einen Verstoß gegen den fairen Wettbewerb sehen, die Möglichkeit zum Spiel unter den von ihnen gewünschten Wettbewerbsbedingungen. Die Deutsche Fernschach-Einzelspielerliga ist das herausragende Angebot unter einem Engine-Verbot, auch Allgemeine Turniere bieten teilweise eine entsprechende Möglichkeit.

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